Sind die Gesetze der Torah nicht nur für Juden?
Leider gibt es dieses Mißverständnis sowohl im Judentum als auch im Christentum.
Während ein allgemeiner traditioneller christlicher Glaube (basierend auf der in Apostelgeschichte 15 beschriebenen Entscheidung des Apostolischen Konzils in Jerusalem) besagt, daß Nichtjuden nur vier Gebote befolgen
Enthaltung von Verunreinigung durch Götzen, Unzucht, Ersticktem, Blut,
besagt die jüdische Tradition, daß Nichtjuden oder die Kinder Noahs nur sieben Gebote halten sollten
Erkenne, daß es nur Einen G-tt gibt, der unendlich ist und über allen Dingen steht,
Ehre den Schöpfer,
Morde nicht,
Ehre die Ehe,
Stehle nicht,
Ehre G-ttes Geschöpfe,
Übe Gerechtigkeit.
Im Gegensatz dazu sind Juden an alle 613 Gebote der Torah gebunden.
Beide Mißverständnisse setzen voraus, daß G-tt eine Doppelmoral hat, eine für Juden und eine für Nichtjuden. Dies wird in der Torah nicht unterstützt. Da die Sünde die Übertretung der Torah ist, sollte es verständlich sein, daß das Jerusalemer Konzil nicht alle alttestamentlichen Gebote bis auf vier aufgehoben hat. Wie sonst soll auch alle Schrift, von G-tt eingegeben, nützlich zur Erziehung in der Gerechtigkeit sein?
Das Apostelkonzil in Apostelgeschichte 15 ist ein Höhepunkt in der Erzählung der Apostelgeschichte. Die Apostelgeschichte ist eigentlich ein Brief von Lukas an Theophilus. Lukas wollte die wichtigsten Ereignisse der ersten Jahrzehnte nach dem Herrn Jesus festhalten.
Das Apostelkonzil ist dabei eins von wenigen Kapiteln in der Apostelgeschichte, in denen es um theologische Auseinandersetzungen ging.
Im heutigen Christentum wird es oftmals ignoriert, einfach nicht verstanden oder sogar so ausgelegt, daß damals beschlossen wurde, daß das Gesetz für die Christen nicht mehr gilt. Manche tun ihm sogar Gewalt an und reden von zwei verschiedenen Wegen der Erlösung.
Warum fand das Apostelkonzil statt?
Paulus und Barnabas (sie waren noch gemeinsam auf Missionsreise) weilten in der Gemeinde in Antiochia. Dann passiert folgendes:
Und aus Judäa kamen einige herab und lehrten die Brüder: Wenn ihr euch nicht nach dem Gebrauch Moses beschneiden lasst, so könnt ihr nicht gerettet werden! Apg.15,1
Es kommen also einige “Gelehrte”, die verkünden, dass man zur Errettung beschnitten sein muß.
Das war eine Lehre, die damals anscheinend auf sehr viel Zustimmung fiel (wahrscheinlich erzählt Paulus in Galater 2,11ff von dieser Situation). Paulus ist vom Gegenteil sehr überzeugt, aber er merkt, daß es zu viele gibt, die anderer Meinung sind.
Was also tun?
Nach was richtet sich Paulus?
Wie geht Paulus vor?
Was ist sein Leitfaden?
Natürlich – die Torah!
Also schlagen wir mal nach, was diese sagt
Wenn es dir zu schwer wird, ein Urteil zu fällen in Sachen eines Mordes oder eines Streites oder einer Körperverletzung, bei irgendeiner Streitsache, die innerhalb deiner Tore vorkommt, dann mache dich auf und geh hinauf an den Ort, den der Herr, dein G-tt, erwählen wird. Und du sollst zu den Priestern, den Leviten, und zu dem Richter kommen, der zu jener Zeit [im Amt] sein wird, und fragen; sie sollen dir das Urteil sprechen. Und du sollst nach dem Urteilsspruch handeln, den sie dir von jenem Ort aus verkünden, den der Herr erwählen wird, und sollst darauf achten, daß du tust nach allem, was sie dich lehren werden. Nach dem Gesetz, das sie dich lehren, und nach dem Urteil, das sie dir fällen, sollst du handeln; du sollst von dem Urteilsspruch, den sie dir verkünden, weder zur Rechten noch zur Linken abweichen. 5.Mo.17,8-11
Genial, oder?
Die Torah sagt:
Bei einer Streitfrage, bei der keine Lösung gefunden wird… ab nach Jerusalem!
Dort die Richter, die gerade im Amt sind einberufen und die Frage klären.
Fertig!
Also gehts als nächstes nach Jerusalem (Paulus ist ein genialer Torah-Befolger)
Da nun Zwiespalt aufkam und Paulus und Barnabas eine nicht geringe Auseinandersetzung mit ihnen hatten, bestimmten sie, daß Paulus und Barnabas und einige andere von ihnen wegen dieser Streitfrage zu den Aposteln und Ältesten nach Jerusalem hinaufziehen sollten. Apg.15,2
Und als sie in Jerusalem ankommen wird erstmal berichtet (mit Sicherheit auch den Grund ihrer Reise, oder?)
Als sie aber nach Jerusalem kamen, wurden sie von der Gemeinde, den Aposteln und den Ältesten empfangen und berichteten alles, was G-tt mit ihnen gewirkt hatte. Apg.15,4
So. Gut aufgepasst.
Was jetzt kommt ist sehr wichtig!
Die Streitfrage wurde gerade vorgetragen. Jetzt steht aber die nächste Gruppe auf
Aber einige von der Richtung der Pharisäer, die gläubig geworden waren, standen auf und sprachen: Man muss sie beschneiden und ihnen gebieten, das Gesetz Moses zu halten! Apg.15,5
Siehst du den wichtigen Unterschied?
In Vers 1 hatten wir die, die aus Judäa herab kamen (die “aus der Beschneidung” Gal.2,12; Tit.1,10) und jetzt haben wir gläubige (!) Pharisäer!
Nur weil sie Pharisäer sind, sind sie nicht schlecht. Paulus war auch Pharisäer und steht sogar später noch dazu (Phil.3,5; Apg.26,5)!
Es waren Gläubige, die in der Torah gelehrt waren und etwas zu entgegnen hatten:
Heiden, die sich bekehren, müssen nach dem Gesetz leben (nach ihrer Bekehrung)!
Die Beschneidung wird hier stellvertretend für das Halten der Torah erwähnt.
Hier treten also zwei verschiedene Gruppen mit zwei verschiedenen Forderungen auf!
Da kamen die Apostel und die Ältesten zusammen, um diese Sache zu untersuchen. Apg.15,6
Fassen wir also die zwei Streitfragen, um die verhandelt werden soll, zusammen
Die erste Frage:
“Muss man beschnitten sein (das Gesetz Moses halten), um errettet zu werden?”
Die zweite Frage:
“Wenn Heiden bekehrt sind. Sollen sie dann noch beschnitten werden/die Torah halten?”
So, los gehts mit den Antworten.
Wir lesen von einer “großen Auseinandersetzung” (Vers 7). Es geht also richtig zur Sache!
Schließlich haut Petrus auf den Tisch (und beantwortet die erste Frage!)
Vielmehr glauben wir, dass wir durch die Gnade des Herrn Jesus Christus gerettet werden, auf gleiche Weise wie jene. Apg.15,11
Danach schweigen alle (Vers 12) – wahrscheinlich in einvernehmlicher Übereinstimmung?!
Es scheint, dass dieser Diskussionspunkt damit abgehandelt wurde. Alle stimmten darin überein, dass die Errettung nur aus Glauben aus Gnade geschehen kann. Es folgen einige Berichte von Paulus und Barnabas (Vers 12) und dann geht es zur nächsten Streitfrage.
Wie ist das, wenn sich ein Heide bekehrt?
Soll er die Torah halten?
Überfordert man sie damit nicht?
Sie stammen aus den heftigsten kulturellen Begebenheiten.
Wie soll so ein Wandel so schnell funktionieren?
Dieses Mal ergreift Jakobus das Wort
Deshalb urteile ich, man solle die, welche sich von den Nationen zu G-tt bekehren, nicht beunruhigen, sondern ihnen nur schreiben soll, sich von der Verunreinigung durch die Götzen, von der Unzucht, vom Erstickten und vom Blut zu enthalten. Apg.15,19-20
Was hat es nun mit dieser Aussage auf sich?
Warum gerade diese vier Gebote?
Es gab einige Gebote, bei deren Übertretung man unbedingt vom Volk Israel „abgetrennt“ werden sollte. Meistens geschah das durchs töten (die Torah spricht von „ausgerotten“, vom Bund abgetrennt werden). Es gab sie für folgende Vergehen
Generellem Ungehorsam, Auflehnung gegen G-ttes Gebote, Rebellion (4.Mo 15,30-31)
Essen von Blut (3.Mo 7,27)
Essen von Ersticktem: Tiere, deren Blut nicht ausgeflossen ist (3.Mo 17,13-14)
Verschiedenen Arten der Unzucht (z.B. 3.Mose 20,10-21)
G-tzenanbetung (3.Mose 20,1-7)
Vergehen gegen die Stiftshütte/den Tempel (2.Mo 30,33ff; 3.Mo 7,20ff + 17,9; 4.Mo 19,13)
Unbeschnittenheit (1.Mo 17,14)
Gesäuertes Brot essen während dem Fest der ungesäuerten Brote (2.Mo 12)
Nicht demütigen an Yom Kippur (3.Mo 23,29)
Nicht das Passah-Fest feiern (4.Mo 9,13)
Sabbat entheiligen (2.Mo 31,14)
Interessant ist, daß die vier Gebote vom Konzil hier in diese Kategorien hinein passen (das 2. bis 5.). Man wollte also sicherstellen, dass Frischbekehrte nicht direkt wieder nach dem Gesetz wieder aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden mußten.
Genauso interessant sind auch die letzten vier, wie wir gleich sehen werden.
Der nächste Vers!
Der nächste Vers ist sehr entscheidend und sollte nicht unter den Tisch fallen! Er gibt Aufschluss über diese ganze Situation:
Denn Mose hat von alten Zeiten her in jeder Stadt solche, die ihn verkündigen, da er in den Synagogen an jedem Sabbat vorgelesen wird. Apg.15,21
Was wird hier gesagt?
Die Heiden, die sich bekehren, sollen mit diesen 4 Geboten beginnen!
Und was ist mit der restlichen Torah?
Die restlichen Gebote wurden doch schon immer in den Synagogen gelehrt. Jeden Sabbat aufs Neue. Dort werden die Frischbekehrten dann den Rest hören und können so langsam in den Rest hineinwachsen.
Genial, oder?
So simpel…
Wie kann man Jakobus also verstehe?
Deshalb urteile ich, man solle die, welche sich von den Nationen zu G-tt bekehren, nicht beunruhigen, sondern ihnen nur schreiben soll, sich von der Verunreinigung durch die Götzen, von der Unzucht, vom Erstickten und vom Blut zu enthalten. Apg.15,19-20
Sollten Eingepfropfte nach der Torah leben?
Ja!
Aber um sie nicht zu überfordern sollten sie mit diesen vier Geboten beginnen (damit sie nicht wieder ausgeschlossen werden mussten) und die restlichen Woche für Woche lernen.
Ja, die Heiden sollen natürlich lernen in den Wegen G-ttes zu leben (wäre ja auch schlimm, würde man ihnen den Segen vorenthalten)! Jeder in Israel Eingepfropfte hat sich angepasst und nach der Torah gelebt.
Auch für uns ist das eine extrem wichtige Aussage, oder?
Das interessante ist, daß die vier Gebote hier (für uns) sogar schon erweitert werden. Denn was wird hier außerdem gesagt
Haltet den Sabbat und trefft euch zum Torahstudieren (Nummer 5 und 6 also)!
Das ist auch gut so, denn was schreibt die Torah über den Sabbat?
Rede du zu den Kindern Israels und sprich: Haltet nur ja meine Sabbate! Denn das ist ein Zeichen zwischen mir und euch für alle eure [künftigen] Geschlechter, damit ihr erkennt, daß ich der Herr bin, der euch heiligt. Und deshalb sollt ihr den Sabbat halten, weil er euch heilig ist. Wer ihn entheiligt, der soll unbedingt sterben; wer an ihm eine Arbeit verrichtet, dessen Seele soll ausgerottet werden aus seinem Volk! 2.Mo.31,13-14
Es wäre also ein weiteres Ausschlusskriterium, wenn sie nicht den Sabbat halten würden.
In Vers 19 lesen wir, daß den Heiden keine Lasten aufgelegt werden soll/keine Unruhe gemacht werden soll. Wie kann man das verstehen?
Frisch Bekehrten zu sagen, dass sie von heute auf morgen über 600 Anweisungen (Mitzwots) halten müssen, bringt definitiv Unruhe und wäre eine Last, oder?
Das wurde mit dieser Regelung aufgehoben.
Und wir?
Ist diese damals getroffene Regelung für uns nicht hochaktuell?
Wenn wir erkennen, dass die Torah auch für uns sinnvoll ist, ist es dann nicht eine riesige Hilfe, wenn wir wie hier einen Fahrplan bekommen?
Bekommen wir hier nicht sechs wunderbare Schritte für den Anfang unseres geistlichen Lebens?
Die 4 Gebote, am Sabbat ruhen und die “heilige Festversammlung”?
Wenn wir anfangen den Sabbat zu halten und uns (wenn möglich) zum Torahstudieren versammeln, wachsen wir dann nicht automatisch in die restlichen Unterweisungen hinein?
Worüber wir Licht bekommen, das setzen wir mit Seiner Hilfe und in Seiner Kraft um. Er schreibt seine Unterweisungen auf unsere Herzenstafeln durch Seinen Geist (Hes.36,26-27).
Das ist Beschneidung im Herzen. Ein beschnittenes Herz hält die Torah.
Was geschieht nach dem Apostelkonzil?
Paulus und die übrigen Geschwister folgten weiter den Anweisungen aus 5.Mo 17:
Und das ganze Volk soll es [die Beschlüsse der Ältesten] hören und sich fürchten und nicht mehr vermessen sein. (5.Mo 17,13).
Daraufhin beschlossen die Apostel und die Ältesten zusammen mit der ganzen Gemeinde, Männer aus ihrer Mitte zu erwählen und mit Paulus und Barnabas nach Antiochia zu senden, nämlich Judas mit dem Beinamen Barsabas und Silas, führende Männer unter den Brüdern. Und sie sandten durch ihre Hand folgendes Schreiben Apg 15,22-23
Es war also wichtig, daß die anderen Gemeinden die Beschlüsse hörten. Der Beschluss des Konzils war – auch nach der Torah – gültig für alle Gläubigen.
Und was heißt das nun?
Beim Apostelkonzil wurde die Torah nicht aufgehoben – nein, sie wurde bestätigt!
Und das ist ein Geschenk! Wir dürfen diese wunderbaren Anweisungen in unserem Leben anwenden. Denn sie bringen Leben und Segen.
Und das ganz praktisch. Das Essen von Blut zum Beispiel ist nicht nur ungesund, sondern unser Vater freut sich sogar, wenn wir ihm zuliebe darauf verzichten. Er möchte das Beste für uns und wir können so ganz praktisch im Alltag zeigen, daß wir Ihn lieben.